Text & Translation
Lodas Gespenst
German source:
Baron Edmund von Harold
Der Schlaf stieg auf die Jünglinge nieder!
Ihre blauen Helme schimmern zum Strahl.
Das sterbende Feuer vergeht. Der Schlaf aber
ruhte nicht auf dem König: er hob sich mitten
in seinen Waffen, und stieg langsam
den Hügel hinauf, die Flamme des Turms
von Sarno zu sehn. Die Flamme war düster
und fern; der Mond verbarg in Osten sein rotes
Gesicht; es stieg ein Windstoss vom Hügel herab,
auf seinen Schwingen war Lodas Gespenst.
Es kam zu seiner Heimat, umringt von seinen
Schrecken, und schüttelt’ seinen düstern Speer.
In seinem dunklen Gesicht glühn seine Augen
wie Flammen; seine Stimme gleicht entferntem
Donner. Fingal stiess seinen Speer in die Nacht
und hob seine mächtige Stimme.
Zieh dich zurück, du Nachtsohn, ruf deine
Winde und fleuch! Warum erscheinst du
vor mir mit deinen schattigten Waffen?
Fürcht’ ich deine düstre Bildung, du Geist
des leidigen Loda? Schwach ist dein Schild,
kraftlos das Luftbild und dein Schwert.
Der Windstoss rollt sie zusammen; und du
selber bist verloren; fleuch von meinen Augen,
du Nachtsohn! ruf deine Winde und fleucht!
Mit hohler Stimme versetzte der Geist:
Willst du aus meiner Heimat mich treiben?
Vor mir beugt sich das Volk. Ich dreh
die Schlacht im Felde der Tapfern. Auf Völker
werf’ ich den Blick, und sie verschwinden.
Mein Odem verbreitet den Tod. Auf den Rücken
der Winde schreit’ ich voran,
vor meinem Gesichte brausen Orkane.
Aber mein Sitz ist über den Wolken,
angenehm die Gefilde meiner Ruh.
Bewohn’ deine angenehmen Gefilde, sagte
der König: denk’ nicht an Comhals Erzeugten.
Steigen meine Schritte aus meinen Hügeln
in deine friedliche Eb’ne hinauf? Begegnet ich
dir mit einem Speer, auf deiner Wolke, du Geist
desleidigen Loda? Warum runzelst du denn
deine Stirn auf mich? Warum schüttelst du
deinen luftigen Speer? Du runzelst deine Stirn
vergebens, nie floh ich vor den Mächtigen
im Krieg. Und sollen die Söhne des Winds
den König von Morven erschrecken?
Nein, nein; er kennt die Schwäche ihrer Waffen!
Fleuch zu deinem Land, versetzte die Bildung,
fass die Wunde, und fleuch! Ich halte die Winde
in der Höhle meiner Hand; ich bestimm
den Lauf des Sturms. Der König von Sora
ist mein Sohn; er neigt sich vor dem Steine
meiner Kraft. Sein Heer umringt Carric-Thura,
und er wird siegen! Fleuch zu deinem Land,
Erzeugter von Comhal, oder spüre meine Wut,
meine flammende Wut!
Er hob seinen schattigten Speer in die Höhe,
er neigte vorwärts seine schreckbare Länge.
Fingal ging ihm entgegen und zuckte sein
Schwert. Der blitzende Pfad des Stahls
durchdrang den düstern Geist. Die Bildung
zerfloss gestaltlos in Luft, wie eine Säule von
Rauch, welche der Stab des Jünglings berührt,
wie er aus der sterbenden Schmiede aufsteigt.
Laut schrie Lodas Gespenst, als es, in sich
selber gerollt, auf dem Winde sich hob.
Inistore bebte beim Klang. Auf dem Abgrund
hörten’s die Wellen. Sie standen
vor Schrecken in der Mitte ihres Laufs!
Die Freunde von Fingal sprangen plötzlich
empor. Sie griffen ihre gewichtigen Speere.
Sie missten den König: zornig fuhren sie auf;
all ihre Waffen erschollen!
Der Mond rückt’ in Osten voran. Fingal kehrt’
im Klang seiner Waffen zurück. Gross war
der Jünglinge Freude, ihre Seelen ruhig,
wie das Meer nach dem Sturm. Ullin hob
den Freudengesang. Die Hügel Inistores
frohlockten. Hoch stieg die Flamme der Eiche;
Heldengeschichten wurden erzählt.
Loda's Ghost
English translation ©
Macpherson, James ("Ossian")
Sleep descended on the youths.
Their blue helmets glitter to the beam;
the fading fire decays. But sleep
did not rest on the king: he rose
in the midst of his arms, and slowly ascended
the hill, to behold the flame
of Sarno’s tower. The flame was dim
and distant; the moon hid her red face
in the east. A blast came from the mountain,
on its wings was the spirit of Loda.
He came to his place in his terrors,
and shook his dusky spear.
His eyes appear like flames in his
dark face; his voice is like distant
thunder. Fingal advanced his spear in night
and raised his voice on high.
Son of night, retire: call
thy winds, and fly! Why dost thou come
to my presence, with thy shadowy arms?
Do I fear thy gloomy form, spirit
of dismal Loda? Weak is thy shield of clouds:
feeble is that meteor, thy sword!
The blast rolls them together and thou
thyself art lost. Fly from my presence,
son of night! Call thy winds and fly!
Dost thou force me from my place?
replied the hollow voice.
The people bend before me. I turn
the battle in the field of the brave. I look
on the nations, and they vanish:
my nostrils pour the blast of death.
I come abroad on the winds:
the tempests are before my face.
But my dwelling is calm, above the clouds;
the fields of my rest are pleasant.
Dwell in thy pleasant fields, said
the king: let Comhal’s son be forgot.
Do my steps ascend from my hills,
into the peaceful plains? Do I meet
thee, with a spear, on thy cloud, spirit
of dismal Loda? Why then dost thou
frown on me? Why shake thine
airy spear? Thou frownest
in vain. I never fled from the mighty
in war. And shall the sons of the wind
frighten the king of Morven?
No; he knows the weakness of their arms!
Fly to thy land, replied the form:
receive the wind, and fly! The blasts
are in the hollow of my hand: the course
of the storm is mine. The king of Sora
is my son, he bends at the stone
of my power. His battle is around Carric-Thura;
and he will prevail! Fly to thy land,
son of Comhal, or feel
my flaming wrath!
He lifted high his shadowy spear!
He bent forward his dreadful height.
Fingal, advancing, drew his
sword. The gleaming path of the steel
winds through the gloomy ghost. The form
fell shapeless into air, like a column of
smoke, which the staff of the boy disturbs,
as it rises from the half-extinguished furnace.
The spirit of Loda shrieked, as, rolled
into himself, he rose on the wind.
Inistore shook at the sound. The waves
heard it on the deep. The waves
stopped in their course, with fear.
The friends of Fingal started, at
once; and took their heavy spears.
They missed the king: they rose in rage;
all their arms resound!
The moon came forth in the east. Fingal returned
in the gleam of his arms. The joy
of his youth was great, their souls settled,
as a sea from the storm. Ullin raised
the song of gladness. The hills of Inistore
rejoiced. The flame of the oak arose;
and the tales of heroes are told.
Lodas Gespenst
German source:
Baron Edmund von Harold
Loda's Ghost
English source:
Macpherson, James ("Ossian")
Der bleiche, kalte Mond erhob sich in Osten.
The wan, cold moon rose in the east.
Der Schlaf stieg auf die Jünglinge nieder!
Sleep descended on the youths.
Ihre blauen Helme schimmern zum Strahl.
Their blue helmets glitter to the beam;
Das sterbende Feuer vergeht. Der Schlaf aber
the fading fire decays. But sleep
ruhte nicht auf dem König: er hob sich mitten
did not rest on the king: he rose
in seinen Waffen, und stieg langsam
in the midst of his arms, and slowly ascended
den Hügel hinauf, die Flamme des Turms
the hill, to behold the flame
von Sarno zu sehn. Die Flamme war düster
of Sarno’s tower. The flame was dim
und fern; der Mond verbarg in Osten sein rotes
and distant; the moon hid her red face
Gesicht; es stieg ein Windstoss vom Hügel herab,
in the east. A blast came from the mountain,
auf seinen Schwingen war Lodas Gespenst.
on its wings was the spirit of Loda.
Es kam zu seiner Heimat, umringt von seinen
He came to his place in his terrors,
Schrecken, und schüttelt’ seinen düstern Speer.
and shook his dusky spear.
In seinem dunklen Gesicht glühn seine Augen
His eyes appear like flames in his
wie Flammen; seine Stimme gleicht entferntem
dark face; his voice is like distant
Donner. Fingal stiess seinen Speer in die Nacht
thunder. Fingal advanced his spear in night
und hob seine mächtige Stimme.
and raised his voice on high.
Zieh dich zurück, du Nachtsohn, ruf deine
Son of night, retire: call
Winde und fleuch! Warum erscheinst du
thy winds, and fly! Why dost thou come
vor mir mit deinen schattigten Waffen?
to my presence, with thy shadowy arms?
Fürcht’ ich deine düstre Bildung, du Geist
Do I fear thy gloomy form, spirit
des leidigen Loda? Schwach ist dein Schild,
of dismal Loda? Weak is thy shield of clouds:
kraftlos das Luftbild und dein Schwert.
feeble is that meteor, thy sword!
Der Windstoss rollt sie zusammen; und du
The blast rolls them together and thou
selber bist verloren; fleuch von meinen Augen,
thyself art lost. Fly from my presence,
du Nachtsohn! ruf deine Winde und fleucht!
son of night! Call thy winds and fly!
Mit hohler Stimme versetzte der Geist:
Dost thou force me from my place?
Willst du aus meiner Heimat mich treiben?
replied the hollow voice.
Vor mir beugt sich das Volk. Ich dreh
The people bend before me. I turn
die Schlacht im Felde der Tapfern. Auf Völker
the battle in the field of the brave. I look
werf’ ich den Blick, und sie verschwinden.
on the nations, and they vanish:
Mein Odem verbreitet den Tod. Auf den Rücken
my nostrils pour the blast of death.
der Winde schreit’ ich voran,
I come abroad on the winds:
vor meinem Gesichte brausen Orkane.
the tempests are before my face.
Aber mein Sitz ist über den Wolken,
But my dwelling is calm, above the clouds;
angenehm die Gefilde meiner Ruh.
the fields of my rest are pleasant.
Bewohn’ deine angenehmen Gefilde, sagte
Dwell in thy pleasant fields, said
der König: denk’ nicht an Comhals Erzeugten.
the king: let Comhal’s son be forgot.
Steigen meine Schritte aus meinen Hügeln
Do my steps ascend from my hills,
in deine friedliche Eb’ne hinauf? Begegnet ich
into the peaceful plains? Do I meet
dir mit einem Speer, auf deiner Wolke, du Geist
thee, with a spear, on thy cloud, spirit
desleidigen Loda? Warum runzelst du denn
of dismal Loda? Why then dost thou
deine Stirn auf mich? Warum schüttelst du
frown on me? Why shake thine
deinen luftigen Speer? Du runzelst deine Stirn
airy spear? Thou frownest
vergebens, nie floh ich vor den Mächtigen
in vain. I never fled from the mighty
im Krieg. Und sollen die Söhne des Winds
in war. And shall the sons of the wind
den König von Morven erschrecken?
frighten the king of Morven?
Nein, nein; er kennt die Schwäche ihrer Waffen!
No; he knows the weakness of their arms!
Fleuch zu deinem Land, versetzte die Bildung,
Fly to thy land, replied the form:
fass die Wunde, und fleuch! Ich halte die Winde
receive the wind, and fly! The blasts
in der Höhle meiner Hand; ich bestimm
are in the hollow of my hand: the course
den Lauf des Sturms. Der König von Sora
of the storm is mine. The king of Sora
ist mein Sohn; er neigt sich vor dem Steine
is my son, he bends at the stone
meiner Kraft. Sein Heer umringt Carric-Thura,
of my power. His battle is around Carric-Thura;
und er wird siegen! Fleuch zu deinem Land,
and he will prevail! Fly to thy land,
Erzeugter von Comhal, oder spüre meine Wut,
son of Comhal, or feel
meine flammende Wut!
my flaming wrath!
Er hob seinen schattigten Speer in die Höhe,
He lifted high his shadowy spear!
er neigte vorwärts seine schreckbare Länge.
He bent forward his dreadful height.
Fingal ging ihm entgegen und zuckte sein
Fingal, advancing, drew his
Schwert. Der blitzende Pfad des Stahls
sword. The gleaming path of the steel
durchdrang den düstern Geist. Die Bildung
winds through the gloomy ghost. The form
zerfloss gestaltlos in Luft, wie eine Säule von
fell shapeless into air, like a column of
Rauch, welche der Stab des Jünglings berührt,
smoke, which the staff of the boy disturbs,
wie er aus der sterbenden Schmiede aufsteigt.
as it rises from the half-extinguished furnace.
Laut schrie Lodas Gespenst, als es, in sich
The spirit of Loda shrieked, as, rolled
selber gerollt, auf dem Winde sich hob.
into himself, he rose on the wind.
Inistore bebte beim Klang. Auf dem Abgrund
Inistore shook at the sound. The waves
hörten’s die Wellen. Sie standen
heard it on the deep. The waves
vor Schrecken in der Mitte ihres Laufs!
stopped in their course, with fear.
Die Freunde von Fingal sprangen plötzlich
The friends of Fingal started, at
empor. Sie griffen ihre gewichtigen Speere.
once; and took their heavy spears.
Sie missten den König: zornig fuhren sie auf;
They missed the king: they rose in rage;
all ihre Waffen erschollen!
all their arms resound!
Der Mond rückt’ in Osten voran. Fingal kehrt’
The moon came forth in the east. Fingal returned
im Klang seiner Waffen zurück. Gross war
in the gleam of his arms. The joy
der Jünglinge Freude, ihre Seelen ruhig,
of his youth was great, their souls settled,
wie das Meer nach dem Sturm. Ullin hob
as a sea from the storm. Ullin raised
den Freudengesang. Die Hügel Inistores
the song of gladness. The hills of Inistore
frohlockten. Hoch stieg die Flamme der Eiche;
rejoiced. The flame of the oak arose;
Heldengeschichten wurden erzählt.
and the tales of heroes are told.
Composer
Franz Schubert
Franz Peter Schubert was an late Classical and early Romantic composer. He produced a vast oeuvre during his short life, composing more the 600 vocal works (largely Lieder), and well as several symphonies, operas, and a large body of piano music. He…
Poet
Baron Edmund von Harold
Edmund von Harold, born in Limerick, was an officer in the service of the Elector Palatine. He is know particularly for his involvement with the Ossian cycle of epic poems by Scottish poet, James Macpherson, who claimed to have collected…