Songs
Ballade vom Haideknaben
by Robert Schumann From Zwei Balladen, declamations (1852) Op. 122 1852, 1853
Ballade vom Haideknaben
German source:
Christian Friedrich Hebbel
Mit dreißig Thalern zum Haideort,
Er ward drum erschlagen am Wege
Und war doch nicht langsam und träge.
Noch liegt er im Angstschweiß, da rüttelt ihn
Sein Meister und heißt ihn, sich anzuziehn
Und legt ihm das Geld auf die Decke
Und fragt ihn, warum er erschrecke.
„Ach Meister, ach Meister, sie schlagen mich tot,
Die Sonne, sie ist ja wie Blut so rot!“
„Sie ist es für dich nicht alleine,
Drum schnell, sonst mach’ ich dir Beine!“
„Ach Meister, mein Meister, so sprachst du schon,
Das war das Gesicht, der Blick, der Ton,
Gleich greifst du“—zum Stock, will er sagen,
Er sagt’s nicht, er wird schon geschlagen.
„Ach Meister, mein Meister, ich geh, ich geh,
Bring’ meiner Mutter das letzte Ade!
Und sucht sie nach allen vier Winden,
Am Weidenbaum bin ich zu finden!“
Hinaus aus der Stadt! Und da dehnt sie sich,
Die Haide, nebelnd, gespenstiglich,
Die Winde darüber sausend,
„Ach, wär’ hier ein Schritt, wie tausend!“
Und alles so still, und alles so stumm,
Man sieht sich umsonst nach Lebendigem um,
Nur hungrige Vögel schießen
Aus Wolken, um Würmer zu spießen.
Er kommt ans einsame Hirtenhaus,
Der alte Hirt schaut eben heraus,
Des Knaben Angst ist gestiegen,
Am Wege bleibt er noch liegen.
„Ach Hirte, du bist ja von frommer Art,
Vier gute Groschen hab’ ich erspart,
Gib deinen Knecht mir zur Seite,
Daß er zum Dorf mich begleite!
Ich will sie ihm geben, er trinke dafür
Am nächsten Sonntag ein gutes Bier,
Dies Geld hier, ich trag’ es mit Beben,
Man nahm mir im Traum drum das Leben!“
Der Hirt, der winkte dem langen Knecht,
Er schnitt sich eben den Stecken zurecht,
Jetzt trat er hervor—wie graute
Dem Knaben, als er ihn schaute!
„Ach Meister Hirte, ach nein, ach nein,
Es ist doch besser, ich geh’ allein!”
Der Lange spricht grinsend zum Alten:
Er will die vier Groschen behalten.
„Da sind die vier Groschen!“ Er wirft sie hin
Und eilt hinweg mit verstörtem Sinn.
Schon kann er die Weide erblicken,
Da klopft ihn der Knecht in den Rücken.
„Du hältst es nicht aus, du gehst zu geschwind,
Ei, Eile mit Weile, du bist ja noch Kind,
Auch muß das Geld dich beschweren,
Wer kann dir das Ausruhn verwehren!
Komm, setz’ dich unter den Weidenbaum
Und dort erzähl’ mir den häßlichen Traum,
Ich träumte—Gott soll mich verdammen,
Trifft’s nicht mit deinem zusammen!“
Er faßt den Knaben wohl bei der Hand,
Der leistet auch nimmermehr Widerstand,
Die Blätter flüstern so schaurig,
Das Wässerlein rieselt so traurig!
Nun sprich, du träumtest—„Es kam ein Mann—“
War ich das? Sieh mich doch näher an,
Ich denke, du hast mich gesehen!
Nun weiter wie ist es geschehen?
„Er zog ein Messer!“—War das, wie dies?—
„Ach ja, ach ja!“—Er zog’s?—„Und stieß—“
Er stieß dir’s wohl so durch die Kehle?
Was hilft es auch, daß ich dich quäle!
Und fragt ihr, wie’s weiter gekommen sei?
So fragt zwei Vögel, sie saßen dabei,
Der Rabe verweilte gar heiter,
Die Taube konnte nicht weiter!
Der Rabe erzählt, was der Böse noch tat,
Und auch, wie’s der Henker gerochen hat,
Die Taube erzählt, wie der Knabe
Geweint und gebetet habe.
Ballad of a moorland boy
English translation ©
Richard Stokes
To the moorland village with thirty crowns,
For which on the way he was being slain,
Though he was neither idle nor slow.
Still sweating with fear, he was shaken
By his master, who told him to get dressed
And placed the money on his blanket
And asked him why he was terrified.
‘Ah master, ah master, they’ll beat me to death,
See how the sun shines red like blood!’
‘The sun does not shine for you alone,
Get moving or I shall give you what for!’
‘Ah master, my master, that’s how you spoke in my dream,
Your face was the same, your look, your voice,
And soon you’ll grab’—your stick, he meant to say,
Says nothing, though, since the blows were falling.
‘Ah master, my master, I’m going, I’m going,
Bid my mother a final farewell!
And when she looks for me everywhere,
She’ll find me by the willow tree.’
He leaves the town! In front of him the moor
Stretches, misty and phantom-like,
With the winds whistling above it,
‘Ah, for a pair of hundred-league boots!’
And all is so silent, and all is so still,
You’d look in vain for a living creature,
Only ravenous birds swoop down
From clouds in order to peck the worms.
He reaches the lonely shepherd’s hut,
The old shepherd is just looking out,
The boy’s fear mounts higher and higher,
He dares not leave the path.
‘Ah shepherd, I know you’re a pious soul,
Here are four good farthings that I’ve saved,
Give me your servant as escort
To accompany me to the village!
I’ll give him the money that he might buy
Next Sunday a tasty pint of beer,
I carry this money around with dread,
For in my dream I was killed for it!’
The shepherd beckoned his lanky servant,
Who was carving a stick for the journey,
And now he appeared—how the boy shuddered
When he saw the servant’s face!
‘Ah, master shepherd, ah no, ah no,
It’s better if I go alone!’
The lanky servant grinned at his old master:
‘He wants to keep the four farthings himself.’
‘Here—take the four farthings!’ He throws them down
And hurries away with distracted mind.
He can already see the willow tree,
When the servant touches his shoulder.
‘You’ll never make it, you’re going too fast,
More haste, less speed, you’re only a child,
And the money must be weighing you down,
No one will blame you for resting a while!
Come, sit yourself beneath the willow,
Where you can tell me your terrible dream,
I too had a dream—and may God damn me,
If mine is not the same as yours.’
He takes hold of the boy by his hand,
The boy who now resists no more,
The leaves rustle so eerily,
The little stream murmurs so sadly!
‘You had a dream, you say.’—‘Yes, there came a man—’
‘Was it me? Take a closer look,
I think it was me you saw!
Continue, how did it happen?’
‘He drew a knife!’—‘Was it like this one?’—
‘Yes, yes!’—‘He drew it?’—‘And plunged it deep—’
‘Plunged it into your throat?
But what is the use of torturing you!’
And if you ask what happened next,
Then ask two birds who were sitting there,
The raven lingered happily at the scene,
The dove did not stir at all!
The raven will tell what the ruffian did,
And how the hangman avenged the deed.
The dove will tell how the boy
Wept and prayed.
Translations by Richard Stokes, author of The Book of Lieder (Faber, 2005)
Ballade vom Haideknaben
German source:
Christian Friedrich Hebbel
Ballad of a moorland boy
English source:
Richard Stokes
Der Knabe träumt, man schickte ihn fort
The boy dreamt he was being sent
Mit dreißig Thalern zum Haideort,
To the moorland village with thirty crowns,
Er ward drum erschlagen am Wege
For which on the way he was being slain,
Und war doch nicht langsam und träge.
Though he was neither idle nor slow.
Noch liegt er im Angstschweiß, da rüttelt ihn
Still sweating with fear, he was shaken
Sein Meister und heißt ihn, sich anzuziehn
By his master, who told him to get dressed
Und legt ihm das Geld auf die Decke
And placed the money on his blanket
Und fragt ihn, warum er erschrecke.
And asked him why he was terrified.
„Ach Meister, ach Meister, sie schlagen mich tot,
‘Ah master, ah master, they’ll beat me to death,
Die Sonne, sie ist ja wie Blut so rot!“
See how the sun shines red like blood!’
„Sie ist es für dich nicht alleine,
‘The sun does not shine for you alone,
Drum schnell, sonst mach’ ich dir Beine!“
Get moving or I shall give you what for!’
„Ach Meister, mein Meister, so sprachst du schon,
‘Ah master, my master, that’s how you spoke in my dream,
Das war das Gesicht, der Blick, der Ton,
Your face was the same, your look, your voice,
Gleich greifst du“—zum Stock, will er sagen,
And soon you’ll grab’—your stick, he meant to say,
Er sagt’s nicht, er wird schon geschlagen.
Says nothing, though, since the blows were falling.
„Ach Meister, mein Meister, ich geh, ich geh,
‘Ah master, my master, I’m going, I’m going,
Bring’ meiner Mutter das letzte Ade!
Bid my mother a final farewell!
Und sucht sie nach allen vier Winden,
And when she looks for me everywhere,
Am Weidenbaum bin ich zu finden!“
She’ll find me by the willow tree.’
Hinaus aus der Stadt! Und da dehnt sie sich,
He leaves the town! In front of him the moor
Die Haide, nebelnd, gespenstiglich,
Stretches, misty and phantom-like,
Die Winde darüber sausend,
With the winds whistling above it,
„Ach, wär’ hier ein Schritt, wie tausend!“
‘Ah, for a pair of hundred-league boots!’
Und alles so still, und alles so stumm,
And all is so silent, and all is so still,
Man sieht sich umsonst nach Lebendigem um,
You’d look in vain for a living creature,
Nur hungrige Vögel schießen
Only ravenous birds swoop down
Aus Wolken, um Würmer zu spießen.
From clouds in order to peck the worms.
Er kommt ans einsame Hirtenhaus,
He reaches the lonely shepherd’s hut,
Der alte Hirt schaut eben heraus,
The old shepherd is just looking out,
Des Knaben Angst ist gestiegen,
The boy’s fear mounts higher and higher,
Am Wege bleibt er noch liegen.
He dares not leave the path.
„Ach Hirte, du bist ja von frommer Art,
‘Ah shepherd, I know you’re a pious soul,
Vier gute Groschen hab’ ich erspart,
Here are four good farthings that I’ve saved,
Gib deinen Knecht mir zur Seite,
Give me your servant as escort
Daß er zum Dorf mich begleite!
To accompany me to the village!
Ich will sie ihm geben, er trinke dafür
I’ll give him the money that he might buy
Am nächsten Sonntag ein gutes Bier,
Next Sunday a tasty pint of beer,
Dies Geld hier, ich trag’ es mit Beben,
I carry this money around with dread,
Man nahm mir im Traum drum das Leben!“
For in my dream I was killed for it!’
Der Hirt, der winkte dem langen Knecht,
The shepherd beckoned his lanky servant,
Er schnitt sich eben den Stecken zurecht,
Who was carving a stick for the journey,
Jetzt trat er hervor—wie graute
And now he appeared—how the boy shuddered
Dem Knaben, als er ihn schaute!
When he saw the servant’s face!
„Ach Meister Hirte, ach nein, ach nein,
‘Ah, master shepherd, ah no, ah no,
Es ist doch besser, ich geh’ allein!”
It’s better if I go alone!’
Der Lange spricht grinsend zum Alten:
The lanky servant grinned at his old master:
Er will die vier Groschen behalten.
‘He wants to keep the four farthings himself.’
„Da sind die vier Groschen!“ Er wirft sie hin
‘Here—take the four farthings!’ He throws them down
Und eilt hinweg mit verstörtem Sinn.
And hurries away with distracted mind.
Schon kann er die Weide erblicken,
He can already see the willow tree,
Da klopft ihn der Knecht in den Rücken.
When the servant touches his shoulder.
„Du hältst es nicht aus, du gehst zu geschwind,
‘You’ll never make it, you’re going too fast,
Ei, Eile mit Weile, du bist ja noch Kind,
More haste, less speed, you’re only a child,
Auch muß das Geld dich beschweren,
And the money must be weighing you down,
Wer kann dir das Ausruhn verwehren!
No one will blame you for resting a while!
Komm, setz’ dich unter den Weidenbaum
Come, sit yourself beneath the willow,
Und dort erzähl’ mir den häßlichen Traum,
Where you can tell me your terrible dream,
Ich träumte—Gott soll mich verdammen,
I too had a dream—and may God damn me,
Trifft’s nicht mit deinem zusammen!“
If mine is not the same as yours.’
Er faßt den Knaben wohl bei der Hand,
He takes hold of the boy by his hand,
Der leistet auch nimmermehr Widerstand,
The boy who now resists no more,
Die Blätter flüstern so schaurig,
The leaves rustle so eerily,
Das Wässerlein rieselt so traurig!
The little stream murmurs so sadly!
Nun sprich, du träumtest—„Es kam ein Mann—“
‘You had a dream, you say.’—‘Yes, there came a man—’
War ich das? Sieh mich doch näher an,
‘Was it me? Take a closer look,
Ich denke, du hast mich gesehen!
I think it was me you saw!
Nun weiter wie ist es geschehen?
Continue, how did it happen?’
„Er zog ein Messer!“—War das, wie dies?—
‘He drew a knife!’—‘Was it like this one?’—
„Ach ja, ach ja!“—Er zog’s?—„Und stieß—“
‘Yes, yes!’—‘He drew it?’—‘And plunged it deep—’
Er stieß dir’s wohl so durch die Kehle?
‘Plunged it into your throat?
Was hilft es auch, daß ich dich quäle!
But what is the use of torturing you!’
Und fragt ihr, wie’s weiter gekommen sei?
And if you ask what happened next,
So fragt zwei Vögel, sie saßen dabei,
Then ask two birds who were sitting there,
Der Rabe verweilte gar heiter,
The raven lingered happily at the scene,
Die Taube konnte nicht weiter!
The dove did not stir at all!
Der Rabe erzählt, was der Böse noch tat,
The raven will tell what the ruffian did,
Und auch, wie’s der Henker gerochen hat,
And how the hangman avenged the deed.
Die Taube erzählt, wie der Knabe
The dove will tell how the boy
Geweint und gebetet habe.
Wept and prayed.
Composer
Robert Schumann
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Poet
Christian Friedrich Hebbel
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